Aus Liebe zum Altbau

Die Eigentumswohnung in einem über 110-jährigen Haus hat einen grundlegenden Wandel erlebt: In Rekordzeit umgebaut, trifft nun Jugendstil auf modernes nordisches Design. Wie das gelang und worauf die Bauherren besonderen Wert legten.

Einige Ideen stellten die Schreiner und Monteure vor knifflige Herausforderungen, wie die zum Teil freischwebende Keramikplatte auf der Kücheninsel.
Einige Ideen stellten die Schreiner und Monteure vor knifflige Herausforderungen, wie die zum Teil freischwebende Keramikplatte auf der Kücheninsel.
Als Küchenbauer in dritter Generation war es selbstverständlich, dass Fabian Baumann einen grossen Teil der Gestaltung in die Hand nahm.
Als Küchenbauer in dritter Generation war es selbstverständlich, dass Fabian Baumann einen grossen Teil der Gestaltung in die Hand nahm.

Gute Lösungen finden, die im Alltag tatsächlich funktionieren – das ist ihr Job: Als Industriedesignerin und Küchenbauer in der dritten Generation haben Mia und Fabian Baumann täglich mit den Wünschen anderer zu tun. Mit der Erfüllung ihres eigenen Wohntraumes standen sie dennoch einer ganz neuen Herausforderung gegenüber. Als die Familie den Zuschlag für die Altbauwohnung im St. Gallener Rotmonten bekam, war schnell klar, dass ein grundlegender Umbau stattfinden sollte – allerdings nicht, ohne den Charakter des über 110-jährigen Hauses zu erhalten. Das herrschaftliche Gebäude wurde, wie viele auf diesem Hügel, während der Textil-Hochblüte erbaut und stammt aus dem Jahre 1909.

Faszination
«Wir waren immer schon fasziniert von dieser Struktur der Gebäude, von diesen hohen Räumen», verrät die aus Schweden stammende Mia Baumann. Mit den runden Gebäudeteilen und dem Herrenzimmer, der schönen Einteilung und einem grossen Gangbereich, den historisch bedingt zahlreichen Zimmern und Türen, strotzt die Wohnung nur so vor Geschichte, die sich nicht nur in den Stuckaturen widerspiegelte, sondern auch in den verschiedenen Tapetenschichten, die im Laufe eines Jahrhunderts durch Renovierungen dazugekommen sind. Die Aufgabe der Bauherren: Dieser Wohnung wieder neue Energie zu verleihen, alte Bausünden zurückzubauen und das Alte mit dem Neuen zu verbinden.

In ihrem neuen Zuhause sollten Küche und Badezimmer eine zentrale Rolle einnehmen. Also wurde der Statiker mit Sondierungen beauftragt, Kosten ermittelt und ein Budget gesetzt. Um die Küche offener gestalten zu können, wurden zwei ganz wesentliche Eingriffe in die Baustruktur vorgenommen und zwei Wände herausgenommen, die Leitungen, Abwasser aber auch die Küchenabluft über die Kellerdecke gelegt. Auch im Badezimmerbereich wurde eine Wand versetzt, um dem Bad mehr Raum zu geben. Bei einem Umbau in dem Ausmass war schnell klar, dass die Renovierungsarbeiten mit viel Aufwand, Lärm und Schmutz verbunden sein würden und so entschieden die Bauherren, dass Böden, Maler- und Putzarbeiten in einer zusammenhängenden Bauphase erledigt werden sollten, um den Stress vor allem für die Nachbarn zu minimieren.

Rekordverdächtig
Als erheblicher Vorteil erwies sich das grosse Netzwerk an Handwerkern, mit denen sie auch beruflich bereits zusammenarbeiteten. «Ein Umbau hat viel mit Vertrauen zu tun», erklärt Fabian Baumann. «Wir wussten also mit wem wir schnell und effizient zusammenarbeiten können.» Dank des eingespielten Teams und einer sehr genauen und erfahrenen Bauleitung durch Fabian Baumann selbst, gelang der Umbau in rekordverdächtigen drei Monaten. Tatsächlich erwies sich der enge Zeitplan bei der Beschaffung der Materialien als die eigentliche Herausforderung: Längere Lieferzeiten bei den Keramikplatten oder beim Fischgrätparkett sorgten dafür, dass die Familie nach neuen Lösungen suchen mussten. Im Nachhinein ein Segen, wie beide betonen, denn für alle Hindernisse fanden sie letzten Endes eine viel bessere Lösung als ursprünglich geplant – auch weil sie erneut auf die Hilfe ihres Netzwerkes aus Lieferanten und Handwerkern zählen konnten.

Fragt man Fabian Baumann nach einem Tipp für zukünftige Bauherren, hebt er dennoch einen ganz anderen Faktor für einen erfolgreichen Umbau hervor: «Uns war es wichtig, dass wir unsere Nachbarn mitnehmen und Verständnis aufbauen, dass es vielleicht mal laut und dass es etwas schmutzig werden kann.» Einfach einen Zettel an die Hauswand zu pinnen, das sei zu wenig. Dementsprechend offen und geduldig sind die Bauherren bereits im Vorfeld auf die Bedenken der Miteigentümer in dem 4-Partien-Haus eingegangen, haben durchaus mal selbst mitangepackt oder eine direkte Absprache mit den Handwerkern möglich gemacht. Schliesslich soll man möglichst lange miteinander auskommen.

Balance zwischen alt und neu

Beim Renovieren der Altbauwohnung ging es Mia und Fabian Baumann nicht allein um Modernisierung, sondern auch darum, den Charme der alten Bausubstanz und die Struktur der Wohnung zu erhalten. Zwar waren Böden und Decken relativ schlecht isoliert, grundsätzlich wollten sie aber an dieser Stelle so wenig wie möglich eingreifen, um die alten Stuckaturen oder die Raumhöhe nicht zu verlieren. Allesamt vorgegebene Elemente, die letztlich den Rahmen bei der Bauplanung vorgesteckt haben: «Man holt wirklich das Beste aus dem Vorhandenen raus. Das ist ein sehr spannender Prozess», erklärt die gebürtige Schwedin. «Im Altbau findet man selten ideale Räume vor, da braucht es gute Ideen und manchmal auch Tricks.»

Der Wunsch nach Farbe war bei allen Familienmitgliedern gross. «Wir wollten die Oberflächen und Materialien bewusst als Gestaltungselemente einsetzen», sagt die Bauherrin.
Der Wunsch nach Farbe war bei allen Familienmitgliedern gross. «Wir wollten die Oberflächen und Materialien bewusst als Gestaltungselemente einsetzen», sagt die Bauherrin.
Mit der schönen Einteilung und einem grossen Gangbereich, den historisch bedingt zahlreichen Zimmern und Türen, strotzt die Wohnung nur so vor Geschichte.
Mit der schönen Einteilung und einem grossen Gangbereich, den historisch bedingt zahlreichen Zimmern und Türen, strotzt die Wohnung nur so vor Geschichte.

Die komplette Reportage mit mehr Einblicken gibt es in der Ausgabe 2/24 vom Magazin HÄUSER MODERNISIEREN.

Text: Daniela Schwabel, Fotos: Kilian Kessler
aus dem Magazin: Häuser modernisieren, Zeitschrift Nr. 2/2024

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