Jahrelang hausten nur Falken im Turm in Schloss Freudenstein. Jetzt ist wieder Leben eingekehrt: Es wurde grundlegend saniert und in ein märchenhaftes Schlosshotel verwandelt.
Wo anfangen, wenn ein ganzes Schloss samt Umschwung renoviert werden soll? «Zuerst das Kirchlein», befand Karoline. «Damit ein Segen über dem Anwesen steht.» Und was Karoline Fink sagt, wird gemacht, denn «Karoline rockt», sagt Bernd Schwienbacher, der sich als rechte Hand seiner Chefin vorstellt. Er ist Eventmanager auf Schloss Freudenstein in Eppan an der Weinstrasse im schönen Südtirol. Sie ist die Frau, die mit Tatkraft, Mut und Energie Schloss Freudenstein aus dem Dornröschenschlaf zu neuem Leben erweckt hat. Und keine Ruhe gibt, bis alles ihren Vorstellungen entspricht. «Ja, wir haben manches Möbel mehr als einmal umgestellt», erzählt Bernd bei einem Glas Südtiroler Apfelsaft auf der Terrasse. Die Mühe hat sich gelohnt, wer den Schlosshof betritt, fühlt sich wie verzaubert. Kein Wunder, dass allein im letzten Sommer 25 Brautpaare hier oben eine Märchenhochzeit gefeiert haben. Eventmanager Bernd betreut jedes Paar individuell und läutet jeweils höchstpersönlich die Glocke der neu geweihten St. Andreas-Kappelle.
Im Burgenland
Das Gemeindegebiet von Eppan wird die Burgenregion Südtirols genannt. Über hundert Burgen, Schlösser und Ansitze thronen an den Hängen über der Ebene. Allein von Freudenstein aus sieht man zahlreiche in der nahen und fernen Nachbarschaft. Jahrelang stand Freudenstein leer, bewohnt nur von den Falken im Turm. Um ein Hotel mit 16 Suiten daraus zu machen, musste in grossem Stil umgebaut werden. Immer unter dem kritischen, aber generell wohlwollenden Blick der Denkmalpflege.
Von Grund auf saniert
Erste grosse Herausforderung bei der Grundsanierung war der Lift. Weil man auf Fels stiess, konnte er nicht wie geplant an einem Stück gebaut werden. Man musste ihn splitten, jetzt gibt es zwei. Dann wurde die Ölheizung durch eine Holzschnitzelanlage ersetzt. Fürs Beleuchtungskonzept fand Karoline Fink in der international tätigen Lichtplanerin Ulrike Brandi die richtige Partnerin. Ihre Installationen, von der Lichterkette im Hof bis zum filigranen Kronleuchter im venezianischen Saal, unterstreichen den besonderen Charakter des Ortes.
Ein magischer Ort
Neben den Festsälen verfügt das Schlosshotel über 16 Suiten, keine wie die andere, und jede einzelne ein herrschaftliches Gemach. In vielen stehen glänzend polierte Flügel, auf denen gespielt werden darf. Ganz und gar euphorisch lesen sich die Einträge der Gäste auf booking.com: «Traumhaftes Schlosshotel mit sagenhafter Atmosphäre», «ein Traum in aller Hinsicht» und «ein magischer Ort – alles war perfekt».
Dahinter steht, unterstützt von einem hochmotivierten Team, die Industriellenfamilie Gostner/Fink, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, «die sagenumwobenen Gemäuer vor dem drohenden Verfall zu bewahren und die geheimnisvolle Aura der historischen Adelsresidenz mit exklusivem Wohnkomfort für anspruchsvolle Gäste verschmelzen zu lassen» (Zitat aus der Webseite).
Die Besitzerfamilie hat, erzählt uns Bernd während der Führung, viel Erfahrung mit Immobilien und mit historischen Gebäuden im Speziellen. Schon Karolines Grossmutter, Gattin eines renommierten Porzellanfabrikanten, habe sich jeweils zur Geburt eines Kindes lieber ein Stück Land als ein teures Schmuckstück gewünscht. So kam am Ende ein ganzer Weinberg zusammen, auf dem heute auch Karoline ein kleines Refugium habe. Mit viel Feingefühl und Ausdauer würde sie sich um jedes Detail im Schloss kümmern, von den wie zufällig platzierten Kunstobjekten im ganzen Gebäude bis hin zu den ausgesucht hübschen Porzellanschälchen in den Bädern.
Vogel Greif als Logo
Im venezianischen Festsaal mit seinen gotischen Fenstern und den Wänden in bezauberndem Himmelblau kam unter 16 Farbschichten Putz ein altes Emblem an der Wand zum Vorschein, ein Vogel Greif. Das perfekte Logo fürs Schlosshotel war gefunden. Es ziert sämtliche Unterlagen, ist in die Gläser eingraviert und auf die Bettwäsche aus feinster ägyptischer Baumwolle gestickt.
Ausbaupläne
Ein Projekt wie das Schlosshotel Freudenstein ist niemals ganz fertig. Bereits bestellt, so der Eventmanager, sei ein grosses Glashaus im Stil einer viktorianischen Orangerie, in dem man wie in den Wolken sitzen und wetterunabhängig feiern können werde. Im Schlosshof soll eine hochmoderne Showküche entstehen, ein Infinity-Pool mit Blick auf die Etsch-Ebene ist im Bau. Damit wäre der Ort dann nicht nur für Märchenhochzeiten, sondern auch gleich für die Flitterwochen ein Traumziel.
Schloss Freudenstein
St. Michael/Eppan an der Weinstrasse
Text: Christine Vollmer, Fotos: zVg, pressegroup.com
aus: Häuser modernisieren, Heft Nr. 3/2022