Auf 1375 Metern Höhe, umgeben von der Bergkulisse der Dolomiten, begeistert das Naturhotel Pfösl im Südtiroler Eggental seit dem Umbau mit seiner aussergewöhnlichen Fassade. Als Inspiration dazu diente eine denkmalgeschützte Scheune.
Wer in Südtirol von Bozen aus kommend durch zahlreiche Wälder, vorbei an
grünen Wiesen auf das Hochplateau Deutschnofen zufährt, wird überrascht
von einer Fassade, die Extravaganz ausstrahlt, ohne wie ein Fremdkörper
in der ländlichen Idylle zu wirken. Sanft fügt sie sich in die Umgebung
ein und zieht alle Blicke auf sich. Entstanden ist sie im Zuge des
grossen Umbaus im Hotel Pfösl, bei dem Tradition und Moderne gelungen
vereint wurden.
Mit Herz bei der Sache
«1954 gab es
schon ein Stammhaus. Damals hatten unsere Grosseltern ein Gasthaus»,
beginnt Brigitte Zelger über das Hotel zu berichten. Stetig kamen dann
Zimmer hinzu, es wurden Anbauten gemacht, ein Schwimmbad gebaut und 2007
übernahmen sie und ihre Schwester das Haus. 2015 stellte sich bereits
die grosse Frage, wohin die Reise architektonisch und designtechnisch
hingehen sollte. Als dann das Schwimmbad Wasser verlor, war klar, dass
etwas passieren musste. Das lag freilich nicht nur am Schwimmbad. Die
Zimmer waren zu klein, die Art des Tourismus veränderte sich und die
diversen Anbauten, die über die Jahre hinweg gemacht wurden, sollten
angepasst werden, um dem Hotel wieder ein harmonisches Gesamtbild zu
geben. «Ich sage immer, wenn man einen Gedanken zum Umbauen hat, dann
nützt es nicht, irgendein Architekturbüro einzustellen und zu sagen
‚Macht was‘, wenn das nicht von hier kommt», erklärt Brigitte Zelger und
legt dabei ihre Hand aufs Herz: «Dann ist es schwierig.» Gerade für den
Umbau sei es wichtig gewesen, das zu verfolgen, was die Familie immer
begleitete. «Unsere Philosophie hat sich schon immer rund um das Thema
Natur bewegt, sie steht immer im Mittelpunkt unseres Geschehens. Rund um
dieses Konzept haben wir dann einen Architekturwettbewerb
ausgeschrieben.»
Wettbewerb
In diesem Wettbewerb waren
ganz klare Vorgaben geschildert. 20 neue Zimmer sollten entstehen, ein
architektonisches Highlight sollte es werden und Parterre und
Spa-Bereich sollten auf einen Stand gebracht werden. «Früher hat man die
Schwimmbäder immer in den Keller gelegt», resümiert Brigitte Zelger.
Heute geht der Trend zu Panorama-Saunas und Infinity-Pools. Das
Wichtigste war für die Familie allerdings, dass das Aussenambiente so
umgebaut würde, dass das Haus behutsam in die Landschaft passt. Dies ist
ihnen zum einen durch die Fassade gelungen, die die Elemente der alten
Scheune gegenüber aufnimmt. Zum anderen durch den neuen Trakt, der die
Suiten beherbergt und dank Flachdach und geschickter Begrünung von
Wanderweg und Strasse aus kaum zu sehen ist. Beton, Holz, Glas und
natürliche Putze kamen hier als Baumaterialien zum Einsatz.
Am Wettbewerb teilgenommen haben vier namhafte Architekturbüros aus Südtirol. Gewonnen hat das Büro Bergmeisterwolf. Obwohl das Resultat nachher doch anders aussah, als zunächst für den Wettbewerb geplant. «Wir waren von ihrer Herangehensweise begeistert», erklärt die Gastgeberin. Vielleicht habe es aber auch etwas damit zu tun, dass sie als Ehepaar sowohl feminine Vorlieben, das Gestalterische und die Liebe zum Detail, als auch das technische Knowhow des Mannes perfekt kombiniert haben. Neben dem neuen Trakt am Haus wurden drei Chalets hinter dem Kräutergarten auf dem Weg zum Wald hin gebaut. Sie bieten den Gästen Privatsphäre und doch sind sie an die Struktur des Hotels angebunden. Sie sollten zunächst das architektonische Highlight darstellen, nun ist aber die Fassade der ausschlaggebende Punkt. Eine weitere Besonderheit ist das Brotbackhaus, das ein stolzes Alter von 300 Jahren hat. «Zum Glück hatte meine Mutter immer so hübsche Pflanzen um das Haus gepflanzt, sodass es nie abgerissen wurde. Damals war es unbeliebt, heute weiss man es wieder zu schätzen, eigenes Brot zu backen», berichtet Brigitte Zelger und erzählt von den Brotbackkursen, die jeden Donnerstag mit den Gästen veranstaltet werden.
300 Jahre alt
«Hier sind wir im alten Stammhaus», erläutert die Gastgeberin des Hotels Pfösl. Die dicken Mauern, die zur neuen Rezeption hin geöffnet wurden, verraten es. Heute befindet sich hier der Barbereich. Um das Haus wurde quasi ein Kranz gezogen, sodass die Räumlichkeiten nach draussen gebaut werden konnten und innen viel Fläche gewonnen wurde. Beim Barkonzept war es der Hotelier-Familie wichtig, viel Platz zu haben und die Blicke ins Grüne zu ermöglichen. «Unser Glück ist ja, dass wir das Grüne immer um uns haben. Das ist ein unglaubliches Geschenk», schwärmt sie. Beim Umbau legten sie Wert darauf, so viel wie möglich beibehalten zu können. Auch die alten Mauern freizulegen und wieder zeigen zu können, war ihnen wichtig. Was im Weinkeller umsetzbar war, gelang im Barbereich nicht mehr: «Hier oben wurde in den 1980er Jahren leider alles zubetoniert. Alte Steinmauern wusste man damals leider nicht zu schätzen.»
690 Lampen
Im Interieur zieht sich der Fokus auf natürliche Materialien und zeitloses Design durch. Der Schwerpunkt liegt auf der Zirbe. Das anfängliche Vorhaben, Wände und Decken mit Zirbenholz auszukleiden, war schlichtweg zu teuer, sodass sie auf die kreative Idee kamen, Holzfaserplatten einzusetzen und dieses schwarz zu streichen. Das Designbüro übernahm die Aufgabe der Inneneinrichtung. «Sie waren wunderbar schnell», schwärmt Brigitte Zelger. «So hatten sie direkt schon alle Leuchten eingezeichnet. Heute haben wir 690 solcher Lampen, hängend oder stehend.»
Auch im Wellnessbereich musste das eigentliche Vorhaben, Sichtbeton einzusetzen, einer Alternativlösung weichen, da es die vorgegebene Umbauzeit von drei Monaten nicht anders zuliess. Hier wurden schwarze Fliessen gewählt. Das Element Schwarz wurde vom früheren Stil aufgegriffen, als das Holz für den Bau gebrannt wurde und daher seine dunkle Farbe erhielt. Im Wellnessbereich befinden sich heute acht verschiedene Saunen, in denen man zum Teil den Blick auf die Dolomiten geniesst, Heubäder und ein Infinitypool. Ein liebevoll angelegter Garten lädt zum Verweilen ein. Natürlich ist ein Projekt einer solchen Grössenordnung nicht zu jeder Zeit einfach. Es gibt die Diskussionen um den Landverbrauch und so musste ein solches Vorhaben über ein Jahr lang durch verschiedene Stellen geprüft werden. «Wir mussten zudem verschiedene Ämter für Raumordnung durchlaufen», erzählt die Hotelière. Es sei wichtig, mit Herzblut bei der Sache zu sein. Und das spürt man im Vier-Sterne-Superior-Hotel Pfösl ganz eindeutig – im Haus, an der liebevollen Dekoration, in der fabelhaften regionalen Küche und an den Gastgebern.
Hotel Pfösl
39050 Deutschnofen, Italien
Text: Hannah Franziska Krautwald, Fotos: Florian Andergassen
aus: Häuser modernisieren, Heft Nr. 3/2020