Bijou am See

Beim Besuch in Gandria am Luganer See nieselt es leise. Wehmut über die vergangenen frühlingshaft warmen Tage kommt nicht auf. Denn so zeigt sich der verwinkelte Ort wenig touristisch und einfach authentisch. Genauso ehrlich und unkaschiert ist der ehemalige Stall, der mit Herzblut zu einem Bijou am See gemacht wurde.

Vom Sofa aus schaut man durch die Fenster auf See und Berge.
Vom Sofa aus schaut man durch die Fenster auf See und Berge.
Im Eingangsbereich wurde das Bad nachträglich eingebaut. Im Wohn- und Esszimmer sorgt das neu ergänzte Cheminée für Wärme.
Im Eingangsbereich wurde das Bad nachträglich eingebaut. Im Wohn- und Esszimmer sorgt das neu ergänzte Cheminée für Wärme.
«Man braucht auch die glatte Oberfläche im Kontrast zum Gewölbe, ansonsten würde es zu rau werden», erklären die Architektinnen.
«Man braucht auch die glatte Oberfläche im Kontrast zum Gewölbe, ansonsten würde es zu rau werden», erklären die Architektinnen.

Vor dem Haus parkieren, das geht nicht. Das Auto wird an der Hauptstrasse abgestellt, dann geht es über zig Stufen durch enge Gässchen und zwischen bunten Häusern zu dem Haus, das heute Gäste, früher Tiere, beherbergt. Es ist ein malerischer Ort unweit von Lugano, direkt am Wasser. Kaum verwunderlich, dass man hier ein Haus sein Eigen nennen will. Die beiden Architektinnen Saba Realini und Louise Brandberg Realini haben sich diesen Wunsch erfüllt. «Wir haben beide schon lange in Gandria gelebt, allerdings zur Miete. Da dachten wir, es wäre doch schön, etwas Eigenes zu haben», erklärt Louise Brandberg Realini. Es sollte etwas Altes sein, das nicht zerstört wurde und den Charakter von Gandria erhalten würde. Die weniger erfolgreiche Besichtigung eines Hauses auf der anderen Seeseite führte schliesslich zu diesem Haus. «Wir dachten, das ist wirklich etwas Besonderes. So direkt am See, ohne Elektrizität, ohne Wasseranschluss, nichts», erzählt sie weiter, noch immer mit einem Glänzen in den Augen, das sofort ansteckt.

Das Essentielle bewahren
Es handelte sich um ein Haus, das früher als Stall für die Tiere diente. Unten am Wasser, dort, wo sich heute das Schlafzimmer befindet, standen die Tiere und wurden per Boot auf die andere Seeseite zu den Wiesen geführt. Oben, wo heute Küche, Bad und Wohnzimmer liegen, war nur ein Loch als Verbindung zum unteren Geschoss, was vermutlich zur Fütterung der Tiere diente. «Hier war ein Loch», erklärt die Architektin, als sie dort steht, wo heute der Esstisch Platz gefunden hat. Die Frage danach, was komplett neu eingebaut werden musste, ist damit direkt beantwortet: die Treppe. Was das Ambiente der Räumlichkeiten anging, wollten die Architektinnen so wenig wie möglich verändern. «Wir wollten das Essentielle des Hauses behalten», sagt Saba Realini. «Die Wände aus Stein, den Boden und die Decke. Aber natürlich wollten wir das Notwendige installieren, wie Bad und Küche. Modern, aber eben in einer Art und Weise, die den Bau respektiert», erklärt sie. Nicht ganz einfach ist natürlich die Installation von Elektrizität und Wasserzufuhr. Die Elektrizität, sprich die sichtbaren Leitungen, wurden absichtlich offen gehalten. «Wir wollten nicht die alten Mauern zerstören oder Rillen einfügen.» So trifft ein bisschen Industrie-Look auf Tessiner Landhaus-Charme. Für zusätzliche Wärme und ein gemütliches Ambiente sorgt das neu eingebaute Cheminée. «Hier wurde uns erst gesagt, dass das mit dem geknickten Rohr nie klappen wird», lachen die beiden Architektinnen heute, denn sie wissen, wie gut es funktioniert und wie herrlich warm die gemütliche Wohnung, die heute als Bed and Breakfast vermietet wird, durch den Kamin wird.

Architektur
Boschetti & Realini Architetti
6900 Lugano

Die komplette Reportage über das Bjiou am See gibt es im Magazin HÄUSER MODERNISIEREN. Die Ausgabe 3/2020 lässt sich hier online bestellen.

Text und Fotos: Hannah Franziska Krautwald
aus: Häuser modernisieren, Heft Nr. 3/2020

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